LeaveNoOneBehind Schriftzug Hell

3 Jahre Moria

Überfüllt, unterversorgt, abgebrannt. Es war das schlimmste Lager Europas.
Heute besteht die Unmenschlichkeit Morias fort.
Wir sind vor Ort geblieben.
Jetzt brauchen wir dich.

Das abgebrannte Camp in Moria, Foto von Hami Roshan

13.000 Menschen lebten im Camp Moria, als es in der Nacht vom 08. September 2020 zur Katastrophe kam.

Nach monatelangem Ausharren unter unwürdigen Bedingungen brannte das Camp ab. Alle 13.000 Menschen wurden schlagartig obdachlos.

Die Bilder der brennenden Zelte gingen um die Welt und zeigten wie keine anderen: Europas Flüchtlingspolitik ist gescheitert. Europäische Regierungen haben versagt.

Auf einen Schlag sind 13.000 Menschen obdachlos

Nach dem Brand stehen die Menschen vor dem Nichts. Es gibt keine Schlafmöglichkeiten, keine Infrastruktur. Für grundlegende Dinge wie Essen und Trinken müssen die Menschen stundenlang anstehen. Hilfsorganisationen, unter anderem auch unser Team von LeaveNoOneBehind packen an wo es geht, doch viele Menschen finden keine andere Möglichkeit als auf der Straße zu schlafen.

Von Moria zu Moria 2 in Kara Tepe

Um die Menschen aus dem Moria Camp aufzufangen, wird in Kara Tepe ein temporäres Camp errichtet. Das Camp das formell Mavrovouni RIC (Refugee and Identification Centre) heißt, ist nicht viel mehr als ein Stück Erde mit vielen Zelten. Zum Zähneputzen muss man zu einer Wasserstelle laufen, es gibt größtenteils nur Chemietoiletten, bei Regen fließt das Wasser in die undichten Zelte. Kanalisation? Fehlanzeige. Zusätzlich befindet sich das Camp völlig ungeschützt direkt an der Küste und ist Wind und Wetter ausgesetzt und das ohne Heizungen im Winter.

Was als temporäre Notversorgung geplant ist, wird noch mehr als zwei Jahre lang eine Menschengemachte Hölle für Geflüchtete sein.

Das Camp „Mavrovouni RIC“ auf Lesbos, September 2020, Foto von Hami Roshan

Kara Tepe Camp auf Lesbos

Gegen die brennende Hitze im Sommer, und die beißende Kälte gab es nur Schlafsäcke und Zeltlager.

Auf Lesbos ist es im Sommer sehr heiß und im Winter sehr kalt. Gerade an der Seite der Insel, an der sich das Camp befindet, gibt es kaum Schutz vor Wind und Wetter. Regen fällt oft tagelang und staut sich auf dem matschigen Untergrund, in dem das Wasser nicht abfließen kann.

In dünnen Zelten ohne zuverlässigen Zugang zu fließend Wasser, Wärme und Elektrizität müssen Menschen in diesem eigentlich für den Notfall eingerichtes Ersatzlager Monate bis Jahre ausharren.

Zu allem Überfluss ist es die intensivste Zeit der Coronaviruspandemie. Es herrschen strenge Regeln in Griechenland, der Ein- und Ausgang zum Camp ist reglementiert, der Zugang zu Bildung und Beratungsmöglichkeiten startk eingeschränkt.

Und auch in diesem Camp ist die Gefahr von Bränden immer nur einen Schritt entfernt.

Provisorische Stromleitungen und überlastete Anschlüsse sorgen immer wieder für Brände und Unfälle. Die Leitungen sind überlastet, Strom wird nur über Notfallgeneratoren erzeugt. Der Diesel für die Generatoren ist teuer, daher gibt es jeden Tag nur wenige Stunden Strom.

Immer wieder kommt es selbst in den Zeiten in denen der Generator läuft zu Stromausfällen weil zu viele gleichzeitig versuchen das zu tun was eigentlich selbstverständlich sein sollte, kochen, heizen, Handy laden.

Die Zustände im Camp sollen diesen Menschen zeigen: ihr seid hier nicht willkommen.

Insbesonders für Familien mit Kindern und besonders vulnerablen Menschen ist diese Umgebung eine konstante Gefahr. Alleinreisende werden in große Sammelunterkünfte in Zelte gesteckt, wo sie in notfdürftig abgetrennte Kabinen mit bis zu 8 Menschen eine Schlafstätte teilen müssen. Privatsphäre? Gibt es nicht.

In diesem Camp sind Journalist*innen eigentlich nicht zugelassen. Die griechische Regierung möchte nicht dass Bilder von den Zuständen an die Außenwelt dringen.

Trotzdem hat der Fotojournalist Hami Roshan 2021 dieses Camp besucht und hat die Zustände dort dokumentiert. Es sind schwere Bilder die bedrücken. Bilder von Menschen die bei uns, in die Europäischen Union, in untragbaren Zuständen leben müssen.

Immer wieder Feuer

Als die Regierung realisieren muss dass dieses Camp nicht nur „temporär“ sein wird, kommen endlich Verbesserungen der Infrastruktur. Duschcontainer, Toiletten und eine Sanierung von Strom, Wasser und Abwasser kommen, viel zu spät, aber bringen Erleichterungen für die Bewohner des Camps.
Grundversorgung die in Europa selbstverständlich sein sollte, auf die hier allerdings viel zu lange gewartet werden musste.

Trotzdem: die mangelhafte Sicherheit und die konstante Gefahr die durch die Umstände dort weiterhin täglich präsent ist, wird immer wieder deutlich. Es sind zu viele Menschen für zu wenig Platz, zu schlechte Versorgung bei zu viel Bedarf. Im Januar 2022 brechen erneut Brände aus im Mavrovouni RIC, Bilder die an Moria erinnern. Menschen verlieren erneut all ihre Habseligkeiten, wichtige Dokumente, bereits ausgestellte Papiere.

Ein Ort wie ein Gefängnis

Mavrovouni RIC ist der Regierung ebenfalls ein Dorn im Auge. Das Lager ist zu nah an der Stadt Mitilini, der Hauptstadt von Lesbos. Es gibt Pläne ein neues Lager zu bauen, diesmal ein permanentes.

In Vastria auf Lesbos wird das geplant was auf anderen griechischen Inseln schon Programm ist.
Ein Ort, weit entfernt, schlecht erreichbar, aber mit absoluter Kontrolle.
Neue Mauern, Stacheldraht und Überwachungskameras sollen die Probleme lösen, die durch dieselbe Politik erst entstanden sind. Ein kontroverses Projekt, das lokal und international für Protest sorgt.

Dennoch, in 2021 starten die Bauarbeiten, doch kurz vor Fertigstellung wird im August 2023 der Weiterbau durch ein Gericht aus Umweltschutzgründen gestoppt.

Übersichtskarte der Geflüchtetenlager auf Lesbos. In grau: geschlossene Camps. In schwarz: aktive Camps.

Sammelunterkunft im Camp „Mavrovouni RIC“ auf Lesbos, August 2023, Foto von Hami Roshan

Vor wenigen Wochen lebten noch 3.000 Menschen im Camp, heute sind es bereits 4.000.

Pro Tag kommen aktuell mindestens 20-40 Menschen auf Lesbos an. Anfang September kamen in nur 2 Tagen 250 Menschen an.
Die Konsequenz: Die Zahlen im Camp steigen an, und müssen erneut Notunterkünfte für die Schutzsuchenden innerhalb des Camps geschaffen werden, wie auf dem Bild oben zu sehen ist. Der Notstand, ein Dauerzustand auf Lesbos.

Nachdem im Juni in der New York Times von Kidnapping und Pushbacks der griechischen Küstenwache berichtet worden ist (nytimes.com) und nach dem Schiffsunglück Mitte Juni in Pylos bei dem 600 Menschen ertrunken sind, finden aktuell keine Pushbacks mehr auf dem Land statt.

Heißt, Menschen werden aktuell nicht mehr gekidnapped, auf ein Küstenwachenschiff verschleppt und illegal in die Türkei zurück gebracht, sondern sie werden aufgenommen und im Camp registriert. In Folge steigen aktuell auch die Zahlen der neu registrierten Menschen.

Wichtig hier ist, dass sich an der grundsätzlichen Ankünfte und Anzahl von Schutzsuchen nichts verändert hat. Es kommen genau so viele Menschen nach Europa wie auch in den vergangenen Jahren, nur werden sie jetzt nicht mehr illegal zurückgeführt, wenn sie auf Lesbos bereits angekommen sind.

ABER es passiert immer noch auf See. Schafft es die griechische Küstenwache ein Boot mit Geflüchteten rechtzeitig zu sichten, drängen sie es auf dem Wasser ab und zwingen es zum Umkehren.

Neben den schlechten Lebensbedingungen ist die Gewalt gegenüber ankommenden Menschen eskaliert. Pushbacks, Entführungen und sogar Versklavungen von Geflüchteten sind Realität geworden. Humanitären Helfer*innen wird die Arbeit immer schwerer gemacht. Heutzutage werden Menschen verklagt, weil sie Wasserflaschen verteilen.

Gewalt ist zum Alltag geworden auf Lesbos, und Helfen zum Verbrechen.

Heute wie damals weigern sich europäische Regierungen, zu handeln.

Heute wie damals kommt es auf uns alle an.

Moria steht für Gewalt und Schrecken. Doch auch für die Solidarität von tausenden Menschen in ganz Europa, die sich für die Menschen im Camp einsetzen. Heute besteht die Unmenschlichkeit Morias fort- und unsere Solidarität wird dringender denn je benötigt.

6.037 geflüchtete Menschen sind bisher 2023 auf Lesbos angekommen

40% der Geflüchteten, die auf dem Seeweg kommen, kommen auf Lesbos an. (Aegean Boat Report)

Camps werden zunehmend zu Gefängnissen. Isolation, Stacheldraht, hohe Zäune und Überwachung werden gegen schutzlose Menschen eingesetzt.

Knapp 5 Milliarden € wurden Griechenland für Migration und Asyl seit dem Sommer der Migration 2015 zur Verfügung gestellt. Trotzdem sind die Zustände untragbar. (erik-marquardt.eu)

Wir fordern ein Ende der Camps in denen katastrophale Zustände immer wieder nur durch neue katastrophale Zustände ausgetauscht werden.

Als die öffentliche Aufmerksamkeit 2020 verschwand, sind wir vor Ort geblieben. LeaveNoOneBehind ist auf Lesbos geblieben.

Mit einem Team von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern unterstützen wir die Menschen im Camp. Hand in Hand packen engagierte Menschen an um die Verhältnisse zu verbessern. Dabei arbeiten wir sowohl mit Menschen zusammen die selbst Geflüchtete sind, als auch mit Freiwilligen die nach Lesbos kommen um zu helfen.

Gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort haben wir ein Community Center aufgebaut, in dem Menschen neben dem Camp Zugang zu Essensversorgung, Waschorten, Safer Spaces, Rechtsberatung, Sportangeboten und vielem mehr haben. Außerdem unterstützen wir unsere Partnerorganisationen beispielsweise dabei, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren.

Doch die griechische Regierung macht den Menschen im Camp das Leben jeden Tag schwerer- und damit auch unsere Arbeit. Vor wenigen Monaten wurde beispielsweise die Essensverteilung für hunderte Menschen einfach gestoppt. Von einem Tag auf den anderen sind wir eingesprungen und verteilen seitdem auch Essen. Doch das ist teuer, und zwar nicht nur einmal, sondern jede Woche aufs Neue.

Deswegen brauchen wir dich. Lass uns den Menschen auf Lesbos gemeinsam zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben. Können wir auf dich zählen?

Im August 2023 haben wir mit dem LeaveNoOneBehind Freeshop 4.899 Sachspenden an 882 Menschen verteilt.

Zusammen mit dem Paréa Community Center verteilt LeaveNoOneBehind in dem Paréa Center gegenüber vom Camp „Mavrovouni RIC“ Sachspenden vor Ort.

Unter den Produkten befinden sich Kleidungsstücke, Schuhe, und Waschmittel, aber auch Hygieneartikel wie Zahnbürsten, Zahnpasta und Duschgels. Die Verteilung wird vor Ort registriert und kann online live eingesehen werden. Zu unserer Arbeit gehört nicht nur die Verteilung, sondern auch die Koordination der Sammlung von Sachspenden und des logistischen Transports. Dazu arbeiten wir mit einem Netzwerk von Partnerorganisationen zusammen.

Im August wurden die folgenden Sachspenden verteilt:

ProduktAnzahl
Unterwäsche324
Socken für den Sommer132
Flip Flop Sandalen508
Roll-on Deodorant1
Shampoo737
Seife974
Kondome1
Reisekit19
Waschmittel für Kleidung 500ml413
Zahnpasta906
Zahnbürste884

Unser Projekt: Waschmaschinen und Trockner Container

Als das letzte Projekt auf der Insel schließen musste das den Menschen im Camp bei der Maschinenwäsche hilft, sind wir eingesprungen und haben einen Container mit Waschmaschinen und Trocknern eingerichtet.

Insgesamt betreiben wir 8 Waschmaschinen und 13 Trockner, die nicht nur für die alltägliche Wäsche der Campbewohner eingesetzt werden, sondern auch für Sonderfälle bei denen beispielsweise die Wäsche von Patienten die unter der im Camp weit verbreiteten Krätze leiden, komplett gereinigt und behandelt wird. Für diese Fälle vergeben wir ebenfalls Kleidungsstücke und Schlafsäcke sodass die Menschen für die Dauer der Behandlung ausgestattet sind.

2022 haben wir mit dieser Arbeit 2.793 Personen mit gewaschener und getrockneter Wäsche versorgt, aufgrund der steigenden Anzahl Menschen im Camp mit steigender Zahl zum Jahresende hin.

Viele Organisationen sind vor Ort weil es sonst keine ausreichende Hilfe für Geflüchtete gäbe

LeaveNoOneBehind unterstützt diese Arbeit direkt und die Unterstützung anderer Organisationen durch Kooperationen vor Ort.

Durch unsere Präsenz halten wir ein großes Netzwerk von Kontakten die uns helfen effektiv zu handeln. Unsere Erfahrung hilft uns dabei, die richtigen Partnerorganisationen für die Zusammenarrbeit zu finden.

Dabei legen wir auf einen Mix von humanitärer und aktivistischer Arbeit wert. Für die Erstreitung von Menschenrechten stehen wir solidarisch an der Seite von Rechtshilfeorganisationen, die gegen Pushbacks und systematische Entrechtung kämpfen.

Gegen Entrechtung

Für die Erstreitung von Menschenrechten stehen wir solidarisch an der Seite von Rechtshilfe-Organisationen, die gegen Pushbacks und systematische Entrechtung kämpfen.

Zusammen mit Aegean Boat Report und Legal Centre Lesvos arbeiten wir gegen Pushbacks an Land und zur See. 

Für die Gesundheit

Wir arbeiten mit medizinischen Hilfsorganisationen damit diese Menschen auf der Flucht helfen können gesund zu bleiben. Dabei spielt auch die psychosoziale Betreuung eine große Rolle. 

Gegen den Hunger

Die Essensversorgung im Camp war noch nie ausreichend, aber nun hat die griechische Regierung für bestimmte Gruppen von Menschen im Camp die Essensversorgung komplett eingestellt. Mit unserem Netzwerk organisieren wir Lebensmittelpakete und verteilen diese an Menschen in Not vor Ort.

In Solidarität

Bei der Unterstützung vor Ort achten wir darauf dass wir stets solidarisch handeln und nicht bemitleidend. Statt Hilfe bieten wir Solidarität an und stützen Projekte die den Menschen ihre Würde zurückgeben.

Unterstütze mit dem Kauf eines Solishirts!

Unser neues Solishirt ist entstanden in Kooperation mit When We Band Together, einem Safespace für geflüchtete Frauen und Kinder auf Lesbos. Beide Motive sind von geflüchteten Künstlerinnen vor Ort gemalt. Sämtliche Erlöse gehen an die Künstlerinnen und das LNOB Team Greece 🤍

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