Pressemitteilung: #LeaveNoOneBehind und SOS Balkanroute
November 18, 2024
Am Wochenende wurden auf dem Gemeindefriedhof der bosnischen Grenzstadt Bihać 18 Gräber von Geflüchteten eingeweiht, die im Laufe der letzten Jahre bis heute vor den Toren der EU-Außengrenzen ihr Leben verloren haben. Dabei wurden die zuvor großteils verfallenen Gräber und der Friedhof auf Initiative von SOS Balkanroute und LeaveNoOneBehind zur Gänze mit richtigen Grabtafeln neugestaltet und ebenso ein Denkmal für alle Balkanrouten-Toten enthüllt.
„In Gedenken an alle Geflüchteten und Migrant:innen, deren Träume samt ihnen auf der Suche nach einem besseren Leben gestorben sind“, steht auf dem Denkmal, welches die beiden Initiativen gemeinsam mit der Stadtregierung, Vertretern der bosnischen Zivilgesellschaft und den Religionsgemeinschaften enthüllt haben.
Im Fluss ertrunken und als „N.N“ begraben
Es handelt sich allesamt um Balkanrouten-Tote, die alleine in der Region Bihać seit 2019 bis heute auf dem Friedhof begraben wurden. Mehrere sind im Fluss Una ertrunken, zwei Geflüchtete wurden von LKWs überfahren, drei sind in leerstehenden Häusern verbrannt und ein Geflüchteter wurde u.a. von einem lokalen Jäger erschossen. Die meisten der Geflüchteten wurden dabei mit „N.N“ (Name unbekannt) begraben.
„Heute ist ein trauriger, aber wichtiger Tag. Diese Gräber sollten uns allen zu denken geben. Das Nicht-Existieren legaler Fluchtwege treibt die Menschen nicht nur in die Hände gewaltvoller und ausbeuterischer Strukturen, sondern auch in den Tod. Die EU trägt hier Mitverantwortung“, stellen die Initiatoren Petar Rosandic (SOS Balkanroute) und Tilly Sünkel (LeaveNoOneBehind) in einem gemeinsamen Statement auf dem Friedhof klar.
669 registrierte Tote – Dunkelziffer weit höher
Die Zahl der Toten auf der Balkanroute steigt parallel zur Militarisierung und Aufrüstung der EU-Außengrenze. Obwohl die Dunkelziffer weit höher liegt und viele der Toten überhaupt kein Grab bekommen haben, zählt die aktivistische 4D-Dateibasis vom Balkan seit 2014 bis heute 669 registrierte Fälle Tote.
Erst Ende August ereignete sich die letzte große Tragödie, bei der 12 Menschen nach dem Umkippen eines überfüllten Gummibootes im Grenzfluss Drina zwischen Bosnien und Serbien ertrunken sind, darunter auch eine Mutter mit ihrem 8 Monate altem Baby.
Justizministerin Zadić: „Wichtiges Projekt“
Neben der Stadtregierung von Bihać sowie Vertretern des bosnischen Kantons Una-Sana, schickte auch die österreichische Justizministerin Alma Zadić eine Videobotschaft zur Einweihungsfeier. „Es freut mich besonders, dass dieses wichtige Projekt in Bosnien von unterschiedlichen Initiativen und Menschen unterstützt wird, unabhängig von ihrer Nationalität oder Religion“, sagte Zadic.
Bild vom Friedhof geht viral
Gerade die Präsenz unterschiedlicher Religionen im krisengeschüttelten Bosnien-Herzgowina und das gemeinsame Bild des Imams, des katholischen und des serbisch-orthodoxen Priesters auf dem Friedhof sorgen am Balkan für Aufmerksamkeit. „Ein Bild des Zusammenlebens“, titelt das bosnische Portal Krajina.ba. Das Bild wurde in den sozialen Netzwerken zigfach geteilt.
62 Grabsteine wurden von der Initiative SOS Balkanroute in den letzten zwei Jahren in Bosnien erneuert und drei Friedhöfe eingeweiht. Bei der Friedhofseinweihung in Bihać waren neben lokalen Bosnier:innen auch zivilgesellschaftliche und politische Delegationen aus Italien (La Rotta Balcanica, IPSIA), Deutschland (LNOB) und Österreich (Sozialistische Jugend Wien) dabei.
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