Sie setzten sich für die Rechte von Geflüchteten ein — am 2. September stehen sie vor Gericht
Am 2. September werden fünf wegen humanitärer Hilfe angeklagte Personen (die sogenannten „Hajnówka Fünf“) sowie Bartek, dem vorgeworfen wird, „die amtlichen Pflichten der Grenzschutzbehörde beeinflusst zu haben“, weil er versuchte, geltendes Recht durchzusetzen, vor dem Bezirksgericht in Białystok erscheinen.
Die „Hajnówka Fünf“
Fünf Personen drohen bis zu fünf Jahre Haft, weil sie im März 2022 einer Familie aus dem Irak mit sieben Kindern sowie einem Mann aus Ägypten im Wald nahe der polnisch-belarussischen Grenze geholfen haben. Laut Anklage bestand das „Verbrechen“ darin, „den illegalen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Republik Polen zu erleichtern“, indem sie Nahrung und Kleidung bereitstellten und Geflüchtete „ins Landesinnere“ transportierten – im Austausch für den „Eigennutz“ … derjenigen, die Unterstützung erhielten.
Tatsächlich wurden die Menschen lediglich einige Kilometer aus dem Wald herausgefahren. Der Vorfall ereignete sich, als die nächtlichen Temperaturen in Podlasie unter null Grad fielen. Dies ist bereits die vierte Verhandlung im Prozess gegen die Fünf, und es scheint, dass das Verfahren in erster Instanz am Dienstag abgeschlossen werden könnte.
Die Verhandlung beginnt um 10:00 Uhr (Az. VII K 120/24). Detaillierte Informationen über die Möglichkeit der Teilnahme von Medienvertreter*innen und zur Akkreditierung finden sich auf der Website des Gerichts.
Der Fall Bartek
Am selben Tag, vor demselben Gericht in Białystok, findet die erste Anhörung gegen Bartek statt – einen Freiwilligen, der im Oktober 2024 versuchte, sicherzustellen, dass der Grenzschutz seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommt und den Antrag auf internationalen Schutz eines jungen Mannes aus Somalia entgegennimmt, den Bartek bevollmächtigt war, in allen Verfahren, einschließlich des Asylverfahrens, zu vertreten.
Die Behörden schoben den jungen Mann jedoch nach Belarus zurück, ohne seinen Vertreter auch nur zu informieren. Bartek, der versuchte, die Rechte seines Mandanten durchzusetzen, wurde anschließend wegen „Beeinflussung der amtlichen Pflichten des Grenzschutzes“ angeklagt. Ihm drohen nun bis zu drei Jahre Haft.
Die Verhandlung beginnt um 8:30 Uhr (Az. III K 1787/24). Auch hier finden sich Informationen zur Teilnahme von Medienvertreter*innen und zur Akkreditierung auf der Website des Gerichts.
Hilfeleistung bei akuter Gefahr ist eine rechtliche Pflicht
„Beide Prozesse sind Beispiele für die Repressionen, denen Menschen ausgesetzt sind, die humanitäre Hilfe leisten. Die Versuche, Solidarität zu kriminalisieren, sollen Menschen davon abhalten, Menschenrechte zu verteidigen. Seit Beginn der humanitären Krise an der Grenze vertreten wir die Position: Helfen ist legal“, sagt Jarosław Jagura, Jurist bei der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte.
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft zeigt, dass sie offenbar versucht, humanitäre Hilfe an der polnisch-belarussischen Grenze mit Schleusung gleichzusetzen. Gleichzeitig verpflichtet Artikel 162 § 1 des Strafgesetzbuches dazu, Menschen, deren Leben oder Gesundheit in Gefahr ist, Hilfe zu leisten – bei Strafe von bis zu drei Jahren Haft. Hilfe bedeutet nicht immer, Wasser, eine warme Mahlzeit oder Kleidung bereitzustellen. In manchen Situationen kann die einzige angemessene Hilfe darin bestehen, Menschen aus einem Gebiet wegzubringen, in dem ihr Leben aufgrund der Wetterbedingungen oder aufgrund illegaler Handlungen der Behörden in Gefahr ist.
Gegen Menschenrechtsverletzungen – in Solidarität mit den Angeklagten
Humanitäre Hilfe wird selbst in Gebieten mit offenen bewaffneten Konflikten geleistet, und eines ihrer Grundprinzipien ist die Unabhängigkeit – also die Autonomie humanitärer Ziele gegenüber politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen. Auch Polen hat sich zu diesem Prinzip im Europäischen Konsens über Humanitäre Hilfe verpflichtet.
An den Verfahren sind folgende Organisationen beteiligt: der Oberste Rat der Anwaltschaft, die Helsinki-Stiftung für Menschenrechte, die Vereinigung „Freie Gerichte“, die Vereinigung für Rechtliche Intervention, die Nomada-Vereinigung und die Wahlbeobachtungsstelle. Das Gericht ließ außerdem zu, dass Ordo Iuris und die Unabhängigkeitsmarsch-Vereinigung den Verfahren beitreten.
Am Dienstag, den 2. September, also am Tag beider Verhandlungen vor dem Bezirksgericht in Białystok, wird eine Solidaritätsdemonstration mit den Angeklagten stattfinden – Beginn ist um 9:00 Uhr.
Die rechtliche Unterstützung der Angeklagten wird von der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte und dem Kollektiv Szpila übernommen.
Mehr Informationen zum Fall der Hajnówka Fünf:
https://naturalniepomagam.noblogs.org
Mehr Informationen zum Fall Bartek:
https://hfhr.pl/aktualnosci/wolontariusz-broniacy-praw-uchodzcy-oskarzony-o-wyw ieranie-wplywu-na-straz-graniczna
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