Griechenland verbietet Zugang zu Essen und Wasser für 571 Menschen auf der Flucht

Mai 21, 2023

Am Donnerstag, dem 18.05.2023, hat sich das griechische Migrationsministerium dazu entschieden, den Zugang zu Nahrung für Menschen im Camp “Mavrovouni” einzuschränken. Seit Freitag, dem 19.05.2023, haben nur noch Menschen mit einem laufenden Asylverfahren Zugang zu Essen und Wasser erhalten. 571 Menschen wird somit das Recht auf Nahrung verweigert. 

Aktuell leben mehr als 2.500 Menschen im Closed Control Access Center (CCAC) Mavrovouni auf Lesbos. Nicht alle befinden sich in einem laufenden Asylverfahren. Doch auch die Menschen, die einen negativen oder positiven Bescheid erhalten, haben meist keine andere Wahl, als für einige Zeit weiter im Camp zu leben. Denn nach einer Ablehnung haben Menschen das Recht, Einspruch einzulegen – ein Prozess, der mehrere Wochen dauern kann. Während dieses Zeitraums müssen sie im Camp bleiben und sind auch weiterhin auf die Versorgung dort angewiesen. Auch Menschen mit positiven Bescheiden bleiben meistens noch länger im Camp. Durch lange Wartezeiten im griechischen Migrationssystem kann es Monate dauern, bis sie ihre Papiere bekommen. Beide Gruppen können das Camp nicht einfach verlassen, sie wären obdachlos, ohne Einkommen oder Nahrung. Mit der Durchsetzung der Regelung sollen die Menschen jetzt genau dazu gezwungen werden. 

Die in den Camps lebenden Menschen auf der Flucht verfügen in der Regel nicht über ausreichende finanzielle Mittel, um selbst Lebensmittel einzukaufen. Sie sind daher auf regelmäßige Essensverteilungen und Hilfsgüter angewiesen. Aufgrund der mangelhaften Qualität des im Camp verteilten Essens wurden die Bewohner:innen bislang zusätzlich durch tägliche Lieferungen der  NGO “Zaporeak Proiektua” versorgt. Der Organisation wurde mitgeteilt, dass auch ihnen ab der kommenden Woche der Zugang zum Camp verwehrt wird. Menschen mit Erkrankungen, die auf einen speziellen Ernährungsplan angewiesen sind, leiden immens unter dieser neuen Regelung.

Damit verweigert nicht nur die griechische Regierung selbst, Verantwortung für eine basale Grundversorgung von Menschen auf der Flucht zu übernehmen – sie verhindert darüber hinaus auch Hilfeleistungen durch NGOs. Das bedeutet: Eindeutiges Ziel der Maßnahmen ist, die Menschen bewusst hungern zu lassen. 

„Die Lage wird immer schlimmer. Ich weiß nicht, wie es mit uns weitergehen wird. Die Menschen sind sehr aufgebracht über diese Situation und das Schweigen der Menschen verheißt nichts Gutes.“

  • Zitat einer betroffenen Person im Camp

Wahlkampf auf Kosten von Menschen auf der Flucht?

Am 21.05.2023 finden die nationalen Parlamentswahlen in Griechenland statt. In der vorangegangenen Woche besuchte der amtierende Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis die Insel Lesbos und das CCAC Mavrovouni. Dass kurz nach dem Besuch des konservativen Ministerpräsidenten eine inhumane Gesetzgebung wie diese durchgesetzt wird, wirft für uns die Frage auf, ob Mitsotakis diese politische Entscheidung für seinen Wahlkampf nutzen will. Bekannt durch seine migrationsfeindliche Politik liegt die Vermutung nahe, dass sich somit auch seine Partei kurz vor den Wahlen nochmals positionieren möchte. Wieder einmal sollen Stimmen am rechten Rand gewonnen werden – auf Kosten der Grundversorgung von Geflüchteten.

Der Zugang zu Nahrung wird durch Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte eindeutig als fundamentales Menschenrecht ausgewiesen.

Als zivilgesellschaftliche Organisationen stehen wir fassungslos vor dieser gezielten Verletzung der Menschenrechte durch Maßnahmen eines EU-Mitgliedstaates. Selbstverständlich fühlen wir uns diesen grundlegenden Rechten aller Menschen auf einen Zugang zu Nahrung und Wasser weiterhin verpflichtet. Wir, Europe Cares e.V., werden im Paréa Gemeinschaftszentrum auf Lesbos weiterhin Essensverteilungen durchführen, ohne Berücksichtigung des jeweiligen Status oder der Herkunft unserer Besucher*Innen. Diese Unterstützung kann jedoch auf keinen Fall auch nur mittelfristig die Versorgung der Personengruppen sicherstellen, die jetzt gemäß staatlicher Anweisung hungern sollen. 

Wir fordern: 

  • Jeder Mensch – und besonders vulnerable Menschen auf der Flucht – muss einen sicheren Zugang zu Nahrung und Wasser haben.
  • Menschen auf der Flucht dürfen nicht zu einem Spielball der Politik werden. 
  • Hilfsorganisationen dürfen nicht dafür kriminalisiert werden, wenn sie weiterhin nach internationalem Recht arbeiten und sich dafür einsetzen.
  • Die Behörden in Griechenland müssen nach internationalem Recht agieren und die Menschenrechte wahren, immer!

Unterzeichnende:

Europe Cares e.V. & Paréa Lesvos

LeaveNoOneBehind

EuropeMustAct / GermanyMustAct

Für Rückfragen oder Medienanfragen melden Sie sich bitte unter: board@europecares.org

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