Schiffsunglück Griechenland: 500 Tote durch Pushbackversuch?

Juni 16, 2023

Overcrowded Boat carrying Refugees that capsized close to Pylos

Quelle: Agean Boat Report

Neue Erkenntnisse zum Schiffsunglück vor Pylos und dem Ausmaß der Tragödie lassen einen fürchterlichen Verdacht aufkommen: Hat die griechische Küstenwache versucht das Boot aus griechischen Gewässern zu ziehen, bevor es kenterte?

Journalist*innen haben keinen Zutritt zu der Halle, in der die Überlebenden des Schiffbruchs am Mittwoch sich befinden. Doch Abgeordnete konnten mit ihnen sprechen.

Laut dem ehemaligen Europaabgeordneten Kriton Arsenis erzählten sie, dass die griechische Küstenwache das überfüllte Fischerboot abgeschleppt habe, bevor es kenterte.

In den Berichten der Küstenwache gibt es dazu keine Informationen. Das könnte daran liegen, dass sie die Menschen nicht retten-, sondern aus griechischen Gewässern zurückdrängen wollten. Denn Abschleppaktionen von überfüllten Booten sind gefährlich und werden nicht bei Rettungsaktionen, sondern bei Pushbacks verwendet.

Nach Informationen von Iasonas Apostolopoulos zog die Küstenwache das Boot zu schnell, was es destabilisierte und es zum kentern brachte.

Sicher ist, dass sowohl Frontex als auch die Küstenwache das Boot gesichtet und beobachtet haben (Quelle: Solomon). Was allerdings genau die Ursache des Kenterns gewesen ist, bleibt weiterhin offen.

Mittlerweile sind mindestens 79 Tote bestätigt, insgesamt 567 Menschen sind vermisst und wahrscheinlich ertrunken, unter ihnen bis zu 100 Kinder. Wegen des schlechten Wetters wurden Frauen und Kinder unter Deck untergebracht, wo es wenig Möglichkeiten zu Überleben gab. Einschätzungen von Expert*innen zufolge gibt es wenig Hoffnung noch weitere Überlebende zu bergen.

Nur 104 Menschen wurden gerettet und nach Kalamata in Griechenland gebracht. Etwas 30 Menschen benötigten umgehend medizinische Hilfe und wurden dort ins Krankenhaus eingeliefert. Bei den Menschen handelt es sich laut Berichten um Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Palästina und Ägypten.

Überlebende des Schiffsunglücks vor Pylos in Kalamata

Überlebende des Schiffsunglücks vor Pylos in Kalamata (Quelle: Aegean Boat Report)

Laut Berichten sind die Überlebenden notdürftig in einer Halle untergebracht und werden dort unter Anderem von bewaffnetem Militärpersonal überwacht. Neun Überlebende wurden mittlerweile von der griechischen Küstenwache als mutmaßliche Schleuser festgenommen.

Die griechische Regierung kündigte an, Asylgesuche der Überlebenden zu untersuchen, Menschen ohne Anspruch auf Schutz allerdings zurück zu schicken.

Europa zeigt wieder ein steinhartes Gesicht und macht das Mittelmeer einmal mehr zu einem Massengrab.

Dieses Jahr sind bereits 1.264 Menschen (Quelle: IOM) alleine in der Mittelmeerregion bei der Flucht ertrunken. das Schiffsunglück vor Pylos ist dabei eines der tödlichsten Ereignisse bei der Überquerung überhaupt.

Trauer und Wut können nicht ausdrücken, was hier passiert ist. Dieser Fall muss umfassend untersucht werden, alle Beteiligten müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

Auch die Bundesregierung trägt die Verantwortung, geltendes Recht endlich durchzusetzen statt Europa weiter abzuschotten. Geflüchtete brauchen Schutz. Es ist unerträglich.

Quelle: Aegean Boat Report

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